Erlkönigritt durch Hirschberg.

In seinen Armen sterben Ortsmitten und Lebensqualität. An seinen Fersen hängen Flächenfraß und mehr B3-Verkehr

Quo vadis Hirschberg? Es stellt sich grds. die Frage was diese Erweiterung soll, und wohin sich Hirschberg entwickeln soll. Hier werden die Bürger im Unklaren gelassen. Ein Austausch findet nicht statt. Aus welcher mittelfristigen Strategie heraus ist das wohl so?

Es liegt die Vermutung nahe, dass eine Basis gelegt werden soll, entlang der B3 weitere Flächen für Bauland auszuweisen. Damit verschiebt sich die Ortsmitte. Die Idee scheint, mehr Attraktivität für Familien erreichen zu wollen: Ein Angebot mit großem Markt, gute Grundversorgung, die einem Mittelzentrum näher steht, als dem Gebot der Nahversorgung, Kindergarten und Grundschule, gute Anbindung mit OEG. So die Idee.

Leider wird vergessen, dass Neubaugebiete Verluste bringen (siehe Sterzwinkel: ca. 7 Mio. Minus in den nächsten Jahren). Reicht diese Erfahrung nicht? Der Markt scheint Lackmustest zu sein für einen weiteren Baustein für Wohnen auf dem Land mit städtischem Komfort. Aber auch städtischem Verkehr, denn Siedlungs-Attraktivität bedient Nachfrage. Im Flächennutzungsplan bieten sich die Erschließungen von Gutleuthaus (5ha) und Rennäcker über die B3 an. Beste Böden, Landschaft und dörfliche Lebensqualität stehen dann auf dem Spiel mit einer bereits austherapierten Situation Großsachsener B3-Verkehrs! Braucht man deshalb immer wieder rechtfertigende Verkehrsgutachten um in kleinen Schritten hausgemachte Belastungsgrenzen auszureizen?

Fest steht, Vielfalt und Attraktivität im Handel bekommt man nicht, wenn man auf einen Großkonzern setzt. Vielfalt und Attraktivität (und damit Kunden) bekommt man durch Ortsgestaltung, Konkurrenz bzw. ergänzende Läden im Ortskern (fußläufig). Was „Monopole“ bedeuten weiß jeder, man erinnere sich an Telefon- oder Stromkosten vor der Regulierung der Märkte. Wollen wir bei den Vollsortimentern dahin zurück, weil es sonst kein Angebot mehr gibt im Ort oder aber nichts für Vielfalt unternommen wird?

Wir erinnern uns: Im September 2011 entschied der Gemeinderat darüber, dass es keinen Fischladen a la „Sansibar“ im Sterzwinkel geben sollte. Mit Rücksicht auf den Einzelhandel im Ortskern (obwohl es dort keinen Fischladen gibt). 6 Jahre später wird der Markt erweitert ohne Rücksicht auf den bestehenden Einzelhandel (und der Markt bietet Konkurrenzprodukte zu den Händlern im Ortskern an). Diese wurden noch nicht einmal befragt. Warum schützt man Großkonzerne? Warum wird jetzt sogar der Bebauungsplan für eben diesen Konzern geändert?

Enttäuschend ist insgesamt der zeitliche Ablauf. Die für den Vorfall erstellten Gutachten sind der Verwaltung seit Mai 2016 für den Handel, für den Verkehr seit November 2016 bekannt. Erst jetzt kurz vor knapp und gerade legal korrekt kommt die öffentliche Darlegung. Hat man Angst vor den Bürgern und längeren Diskussionen im Ort aus jüngster Erfahrung heraus? Ist das ein Verständnis von fairer Demokratie, wenn die Bürger über Informationen, die seit letztem Jahr bekannt, gerade mal vier Wochen Zeit für eine intensive Auseinandersetzung haben?

Überhaupt scheinen weder Verwaltung noch Gemeinderat das Einzelhandelsgutachten intensiv gelesen zu haben, sonst wären Ihnen eine Menge Fehler und qualitativ schlechte Arbeit aufgefallen.

Ein paar Beispiele:

  1. Das Gutachten ist offensichtlich in Teilen eine Kopie eines anderen Gutachtens. Genau kann man das nicht klären aber es stammt aus einem Gutachten aus der Region Neckar-Alb, ein bloßer Schreibfehler scheint unwahrscheinlich als Erklärung.
    Zitat S. 43, Punkt 4.5.1 Methodische Vorbemerkung „(…) Gemäß Einzelhandelserlass und letztlich auch dem REGIONALPLAN NECKAR-ALB (?) ist von einer nicht unwesentlichen Beeinträchtigung auszugehen, wenn (…)“. Wieso ist dies bis dato nach einem Jahr nicht aufgefallen? Warum bezahlt Hirschberg für ein in Teilen „Copy/Paste“- Gutachten viel Geld?
  2. Es wird davon ausgegangen, dass der dm Markt ca. 5,6 Mio. Euro pro qm Umsatz erwirtschaftet. Ein kurzer Blick auf die Homepage von dm zeigt, dass dm im Durchschnitt in Deutschland pro Filiale ca. 4,1 Mio. Euro Umsatz erwirtschaftet. Wieso wird davon ausgegangen, dass dm am Standort Hirschberg ca. 36% mehr Umsatz erwirtschaften sollte als im bundesdurchschnitt? Ist der Standort so attraktiv oder kommen sonst ganz andere Berechnungen zustande, die für das Vorhaben ggf. kontraproduktiv sind?
  3. Es wird von fußläufiger Erreichbarkeit gesprochen. Das ist ein sehr dehnbarer Begriff, Fakt ist, dass der Markt am Ende des Ortes liegt. Auch Großsachen ist fußläufig von Leutershausen aus erreichbar!

Ferner fehlen Befragungen der Einzelhändler im Ort und vor allem der Bürger. Wieso weiß allein der Gemeinderat samt Verwaltung, was die Bürger wollen und was gut für den Ort ist (jetzt und in Zukunft) und wie sie in Zukunft einkaufen wollen?

Das Gutachten zitiert das Einzelhandelsgutachten Acocella, der klar von Ansiedlung in Zentren von Großsachen und Leutershausen spricht. Es wird in dem Zitat von nicht erkannten Potentialen gesprochen. Es wird aber auch davon gesprochen, dass mehr als 800qm nur sinnvoll sind, wenn sie der Sicherung der Grundversorgung dienen. Was hat sich verändert seit 2009?

Es wird weiterhin darauf hingewiesen, dass es in Hirschberg gravierende Lücken in den Zentren aufweist. Es scheint aber (genau wie damals beim Einzelhandelsgutachten Acocella) keinen zu interessieren, die Situation zu verbessern? Eine Fortschreibung des Einzelhandelskonzeptes wird empfohlen aber was soll das bringen? Man hat sich doch entschieden, den Handel im Ort zu zerstören. Warum macht man dann ein Projekt Ortsgestaltung? Und warum wurde und wird das Einzelhandelsgutachten Acocella erst jetzt öffentlich publik gemacht? Weil es nicht in das Konzept passt? Warum die Angst vor den Bürgen? Warum dürfen externe das Gutachten lesen und zitieren, die Bürger aber nicht?

Wie passt die Entscheidung zum Regionalplan Rhein-Neckar? Darin steht, dass eine Sicherung in Stadt- bzw. Ortsteilzentren angestrebt werden sollte. Es scheint keinen zu interessieren, obwohl der Verbandsvorsitzende örtlich ansässig ist und der Regionalplan mit Mehrheit von CDU und Freien Wählern in der Verbandssitzung beschlossen wurde. So viel zur Parteiintegrität, wenn es um Interessen vor Ort geht.

Die grundsätzliche Frage bleibt aber unbeantwortet: was hat sich in Großsachsen seit 2009 derart verändert an Konsumverhalten bzw. Nachfrage, dass eine Erweiterung der Markt-Fläche von ehemals 400qm auf nun 1.200qm rechtfertigt? Das bedeutet, die Fläche pro Einwohner (die bekanntlich nicht viel mehr geworden sind) hat sich in 8 Jahren verdreifacht, der Umsatz auch? Jedem im Ort sollte klar sein, dass ein Konzern ökonomisch arbeitet und nicht aus einem wohltätigen Grund Flächen erweitert. Es geht um Konzentration von Flächen und Optimierung von Logistik (sieh auch das Gutachten zu § 11 BauNVO des Difu, welches sicher keiner in Verwaltung und Gemeinderat gelesen hat). Die Konsequenz wird sein, dass der Markt in Leutershausen schließen wird, fragt sich nur wann. Ist das allen Bürgern dort bewusst?

Und besser wird der Verkehr in Großsachsen dadurch auch nicht, er kann nur schlechter werden (mehr Fläche -> mehr Nachfrage -> mehr Verkehr). Die BI hat seit 2009 immer darauf hingewiesen. Man wollte das Thema bewusst ignorieren. Auch hier ist leistungsfähig ein komischer Begriff in dem Gutachten, wie das konkret aussieht, kann jeden Tag live erlebt werden in Großsachen.

Es fehlt eine intensive Auseinandersetzung mit der Thematik unter Einbeziehung der Bürger. Man zerstört weiter die Ortskerne und den restlichen Handel und nimmt billigend mehr Verkehrschaos in Kauf. Vielfalt und Konkurrenz wird durch Monopole im Ort ersetzt. Hirschberg kann so nur gegen die Wand fahren.

Der vollständige Einwand der Bürgerinitiative Sterzwinkel kann hier eingesehen werden. Wir fordern die Bürger und Einzelhändler auf, sich intensiv damit auseinander zu setzen und ihr demokratische Mitsprache durch schriftlichen Einspruch deutlich zu machen bis zum 6.6.2017.