Finanzlage & Haushalt der Gemeinde Hirschberg
Kommune verschenkt(e) seine Potentiale

Die Situation

Die Gemeinde Hirschberg hat bekanntlich ein Problem mit dem Haushalt, insbesondere mit der Verschuldung. Es stellt sich die Frage, wie es dazu gekommen ist. Im Prinzip entstehen Schulden einer Kommune, wenn die Ausgaben die Einnahmen übersteigen oder aber Investitionen getätigt werden (müssen), welche keinen Ertrag erwirtschaften und somit nicht dazu führen, dass die dafür aufgenommenen Schulden in irgendeiner Form zurückbezahlt werden können.

Ein grundsätzliches Problem ist, dass Kommunen keine Rücklagen für den Erhalt der Infrastruktur bilden. Ein bekanntes Beispiel ist, dass die Gemeinde mit Hilfe des Folgekostenrechners fokosbw selber eine jährliche notwendige Rücklage für den zukünftigen Erhalt der Infrastruktur (z.B. Straßen, Kanalisation, Spielplatz) für das Baugebiet Sterzwinkel berechnet hat (siehe u.a. Anlage_Sitzungsvorlage.pdf). Diese beträgt ca. 80.700,- € p.a. Da nach ca. 10 Jahren keine einzige Summe zurückgelegt wurde, ist allein schon jetzt für das Areal eine zukünftige Deckungslücke von über 870.000,- € entstanden. das bedeutet, dass zukünftige Generationen für die Erneuerung oder aber Reparaturen der dort vorhandenen Straßen usw. entweder Schulden aufnehmen müssen oder aber Haushaltsmittel umschichten werden, so das an anderen Stellen Ausgaben gekürzt werden müssen oder aber nicht bereit stehen.

Das alles ist bekannt, die Verwaltung und der Gemeinderat schweigen dazu!

Wenn einmal ein simpler Dreisatz auf das gesamte versiegelte Areal der Kommune angewendet wird (s.u.), dann zeigt sich deutlich, dass der Gemeinde pro Jahr ca. 3,6 Millionen € im Haushalt fehlen, wenn man nicht die nachfolgenden Generationen mit Ausgaben zum Erhalt der Infrastruktur im Haushalt belasten möchte. Es würde sich daher empfehlen, einmal insgesamt die exakte Summe an Rückstellungen zu berechnen, um den Bürgern die Wahrheit über die Haushaltssituation aufzuzeigen.

 

Hätte es Alternativen gegeben?

Es wird in der folgenden Grafik aufgezeigt, wie viel Vermögen Hirschberg hätte, wenn es dem Münchner Modell der sozialgerechten Bodennutzung gefolgt wäre.

Hirschberg hat in 27 Jahren ca. 45,7 Hektar an zusätzlichen Flächen außerhalb der Ortsstrukturen für Wohn- & Gewerbegebiete versiegelt. Dadurch ist ein Bodenpreis von Ackerland mit ca. 5 €/m² (Bodenrichtwert) zu Bauland von durchschnittlich ca. 270 €/m² entstanden.

Wenn grob angenommen wird, dass ca. 34,5 Ha der Gesamtfläche Bauland ist und der Rest für Straßen und Grünflächen genutzt wird, dann haben die Grundstücksbesitzer in Summe über 65,1 Mio. € an Wertsteigerung erfahren. Einige Grundstücke davon konnte die Kommune als Eigentümer verkaufen, um so den Haushalt kurzfristig zu retten. Wäre die Gemeinde z.B. analog dem Modell der sozialgerechten Bodennutzung wie in München verfahren und hätte nur 60% der Wertsteigerung (München nimmt 75%) als Verpflichtung der Eigentümer für Ausbau und Erhalt der sozialen Infrastruktur verwendet, so hätte Hirschberg 39 Mio.€ an Mitteln für Kindergärten, Schulen, Sporthallen und sozialen Wohnungsbau zur Verfügung gehabt. Es wären keine Schulden entstanden.

Es wäre eine faire Methode gewesen, die z.B. München über 740 Mio.€ für derartige Zwecke eingebracht hat. Für die Wertsteigerung ist von den Grundstücksbesitzern keine Leistung erbracht worden, insofern erscheint eine Partizipation an der sozialen Infrastruktur mit einem Anteil des Gewinns gerecht, denn nur durch Beschluss der Gemeinde sind extreme Gewinne für sie entstanden. 40% der Wertsteigerung wäre den Besitzern des Baulandes ja erhalten geblieben. Es muss auch bedacht werden, dass Grundstücksgewinne auch steuerfrei sein oder aber sehr gering versteuert werden können.

 

Ein weiteres Modell, welche zusätzliche Einnahmen generieren könnte, wäre die Gründung einer Immobilien Genossenschaft oder aber GmbH.

 

Wenn man eine Immobilien-Genossenschaft oder -GmbH gründet und die Hälfte der Anteile bzw. 49% verkauft kämen noch einmal 17 Mio.€ dazu, insgesamt also fast 56 Mio.€. Die grobe Berechnung ist wie folgt:

 

Hirschberg hat in der Bilanz ein Vermögen in Form von Grundstücken und Gebäuden in Höhe von ca. 35,3 Millionen € (Stand 2020). Dies ist aufgeteilt in ca. 27,6 Millionen € in Gebäuden und 7,7 Millionen € an Grundstücken. Weiter hat die Kommune eine Gebäudefläche von ca. 17.900m² zur Verfügung.

 

Werden die Gebäude in eine Gesellschaft eingebracht und die Fläche mit im Durchschnitt 10,- € pro m² gemietet, so würde die Kommune im ersten Schritt 2.148.960,- € Miete pro Jahr bezahlen. Die Gesellschaft hätte also zunächst Umsätze in dieser Höhe.

 

Wenn davon ausgegangen wird, dass die Immobilien-Gesellschaft 552.949,- € an Abschreibungen p.a. für die Gebäude an Kosten hätte und ferner z.B. 850.000,- € an sonstigen Kosten, so würde die Gesellschaft einen Ertrag von 746.011,- € ausweisen.

 

Die Gesellschafter können somit entscheiden, ob dieser Ertrag investiert, als Rücklage der Gesellschaft zur Verfügung stehen würde oder aber ganz bzw. teilweise ausgeschüttet wird (= Dividende).

 

Aus Sicht der Kommune ergibt sich folgendes Bild:

 

Zunächst würde durch den Verkauf von 49% der Gesellschafter-Anteile 17 Millionen € in die Haushaltskasse fließen. Damit könnten die Schulden getilgt und Rücklagen für den zukünftigen Erhalt der Infrastruktur gebildet werden.

 

Würde z.B. der o.a. Ertrag der Immobilien-Gesellschaft vollständig ausgeschüttet werden und die Gesellschaft in Hirschberg sitzen, so würden ca. 25.663,- € effektiv an Gewerbesteuer im Haushalt der Kommune verbleiben. Ferner würde die Gemeinde als Gesellschafter 51% der Dividende bekommen. Das bedeutet weitere Einnahmen in Höhe von 281.026,- €. Diese Einnahmen würden die eigentliche Miete quasi mindern. Effektiv zahlt die Kommune also nicht 2,1 Millionen € sondern nur ca. 1,8 Millionen € p.a. Ferner würden im Haushalt weder Abschreibungen auf die Gebäude anfallen noch sonstige Kosten wie z.B. für Reparaturen o.ä. In Summe wären also nur Kosten in Höhe von 410.641,- € im Haushalt der Kommune. Dem gegenüber stehen derzeitige Kosten (Stand 2020) in Höhe von ca. 1,1 Millionen € (Abschreibungen und laufende Kosten).

 

Die Kommune würde sich also in diesem vereinfachten Beispiel besser stellen mit einer Immobilien-Gesellschaft, darüber hinaus hätte sie weiterhin die Mehrheit an der Gesellschaft und damit ein erhebliches Mitspracherecht.

 

In Summe hätte Hirschberg bei richtiger Haushaltspolitik eine Summe von über 56 Millionen € zur Verfügung und ferner noch eventuell weniger Kosten im Haushalt pro Jahr ausgewiesen. Die Forderungen nach einer 3. Sporthalle oder einem Kulturhaus hätten sich gar nicht gestellt, sie wären finanziert gewesen. Ebenso Ausstattungen von Schulen oder Bau von Kindergärten, geschweige Rücklagen für den Erhalt der Infrastruktur. Stattdessen hat die Gemeinde nur Probleme und Schulden. Es geht also auch anders, siehe München. Die 17 Mio. € gehen zumindest noch. Sofort, ohne zusätzlichen Verkehr und Flächenexpansion.

 

Ist das nicht eine Art Steuer auf Vermögen?

 

Es ist eine  Art Beitrag für die Solidargemeinschaft. Die Grundbesitzer haben nur durch Beschluss der Bürger via Gemeinderat eine enorme Wertsteigerung (65 Mio.€) erfahren. Es ist mehr als fair, dass sie sich an den Kosten der Infrastruktur beteiligen, denn der aktive Part an dieser Wertsteigerung ist im Gegensatz zu einem Unternehmer, der in ein Risiko geht, gleich null. Es bleibt ihnen ja in diesem Modell weiterhin 40% der Wertsteigerung, das erscheint mir immer noch recht viel bei den hier aufgerufenen Bodenpreisen. Irgendeiner muss ja die Expansion in die Fläche bezahlen.

 

Es stellt sich also die Frage, wer von der unglaublichen Erhöhung der Vermögen allein durch die Wertsteigerung der Böden profitiert hat. Die Kommune war es scheinbar zumindest nicht. Diese sitzt nun auf hohen Schulden und kann die soziale Infrastruktur nicht mehr finanzieren. Es wird von einem Investitionsstau von allein über 20 Millionen € gesprochen.

 

Insofern erscheint es sinnvoll, das die oben skizzierten Modelle auf die Tagesordnung des Gemeinderates kommen und offen und transparent darüber diskutiert wird. Es sollten in einem neutralen und fairen Verfahren die Vor- und Nachteile von z.B. einer Immobilien-Gesellschaft diskutiert und abgewogen werden. Dann können die Bürger entscheiden, welchen Weg die Kommune gehen sollte.

 

Erste Analysen zeigen, dass die Idee durchaus Vorteile haben könnte. Es liegt an den Entscheidungsträgern, die Idee vertiefend zu verfolgen. In Zeiten knapper Kassen sind kreative Ideen gefragt.