Abstract

Trotz allen Bedenken und wieder der derzeitigen Klimadiskussion geht der tägliche Flächenverbrauch in Deutschland für Siedlungsgebiete weiter. Dabei sprechen sowohl ökologische, ökonomische und wissenschaftlich fundierte Gründe dagegen.

Dr. Thilo Sekol beschäftigt sich seit über zehn Jahren mit der Materie und versucht durch rationale Argumente und anhand von vielen Beispielen, sowie wissenschaftlichen Untersuchungen, die Diskussion zu versachlichen. Er erläutert am Beispiel von Baden-Württemberg einfach und verständlich was die Gründe und Folgen von Flächenexpansionen sind, warum neue Bürger den Kommunalhaushalt nicht verbessern, Gewerbegebiete meist weniger Ertrag als erdacht einbringen und Baugebiete außerhalb von Siedlungsstrukturen unwirtschaftlich sind. Und er zeichnet Lösungswege auf, wie der Flächenwahnsinn gestoppt werden könnte ohne Einbußen in der derzeitigen Lebensqualität zu bekommen.

Dieses Buch dient als Hilfe für alle lokalen Entscheidungsträger und interessierte Bürger, welche die ökonomischen Tatbestände meist in der Diskussion um Neubaugebiete außer Acht lassen und die kommunale Finanzierung mit ihren Wirkungen nicht ausreichend berücksichtigen.

Cuvillier Verlag, Göttingen September 2020, 216 Seiten

ISBN-13 (Hard Copy):     9783736972759                               Buch:                                EUR 34,90
ISBN-13 (eBook):             9783736962750                           E-book:                                EUR 24,90

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Inhaltsverzeichnis
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Interview mit dem Autor

Wie kam es zu dem Buch?

Das Buch ist eine Mixtur aus meiner Dissertation zum Thema nachhaltigem Flächenmanagement und diversen Vorträgen, die ich im Laufe der letzten Jahre gehalten habe. Es verbindet den Stand der Wissenschaft zu der Thematik mit vielen praktischen Beispielen. Es war mir wichtig, die Erkenntnisse etwas einfacher darzustellen, damit eine breite Öffentlichkeit die komplexe Materie besser versteht.

In Ihrem Buch stellen Sie die Thesen auf, dass neue Einwohner kaum Geld in die kommunalen Kassen bringen. Warum?

Es wird immer wieder verwechselt, dass Einnahmen keine Erträge sind. Das weiß jeder Händler: Einnahmen sind zunächst Umsätze. Davon müssen Aufwendungen abgezogen werden wie Wareneinkauf, Miete; Personal usw. Ähnlich ist das mit neuen Einwohnern. Diese haben Ansprüche an eine Kommune: ein Kindergartenplatz, eine Sporthalle, eine Bushaltestelle, einen neuen Personalausweis usw. Daher sitzen ja in Stuttgart auch mehr Verwaltungsmitarbeiter im Rathaus als in Hirschberg. Es ist also entscheidend, was „unterm Strich“ an Geldern und Mitteln pro zusätzlichem Einwohner übrig bleibt. Das ist meist wenig oder aber negativ.

Es ist aber zu beachten, dass dies die rein ökonomische Seite ist. Das neue Bürger mehr Leben, soziales Engagement und gesellschaftliches Handeln in eine Kommune tragen, ist eine andere Seite. Es können aber auch negative Effekte entstehen, wie soziale Verwerfungen, Kriminalität usw. Das muss abgewogen werden.

Ähnlich kritisch äußern Sie sich zu Gewerbegebieten. Warum?

Auch hier gilt: Einnahmen aus der Gewerbesteuer sind ungleich Erträge. Das hängt einmal mit dem kommunalen Finanzausgleich zusammen (näheres dazu in einem Interview mit Dr. Thilo Sekol), der dafür sorgt, dass die Einnahmen in Hirschberg auf ca. 28% der Gewerbesteuer schrumpfen, die Unternehmen zahlen. Davon müssen noch die Kosten für Unterhalt und die laufenden Kosten des Gewerbegebietes abgezogen werden, denn Laternen, Straßen und Kanalisation müssen ja erhalten und gepflegt werden. Dies wird gern vergessen. In Summe verbleiben also wesentlich weniger als 28% an Einnahmen übrig. Das heißt aber nicht, dass Gewerbe schädlich ist. Es kommt immer auf die Perspektive an. Derzeit, mit dem System der kommunalen Finanzierung, führt es aus Sicht einer Stadt bzw. Gemeinde nicht zu dem Effekt, den sich viele Kommunen wünschen. Daher sind z.B. auch nur ca. 60 Kommunen in Baden-Württemberg abundant (= bekommen keine zusätzlichen Finanzzuweisungen vom Land).

Und Neubaugebiete sind ebenso kritisch zu betrachten?
Zumindest, wenn man nicht bedenkt, dass durch ein solches Areal Folgekosten entstehen, d.h. die o.a. Aufwendungen und Erhalt von Straßen, Kanalisation usw. Dafür müssen Rücklagen gebildet werden, denn diese müssen ja in der Zukunft einmal erneuert werden. Auch können zusätzliche Kosten in der sozialen Infrastruktur entstehen, wie Kindergartenplätze, Schulen, Sportstätten. Das wird gern vergessen, weil primär Interessen von Grundbesitzern und Projektentwicklern im Fokus stehen. Es ist die Frage, was die Gemeinde langfristig davon hat. Daher ist eine Wirtschaftlichkeitsanalyse und eine intensive Auseinandersetzungen mit allen Folgeeffekten notwendig. Das wir leider nicht gemacht und ist auch nicht vom Gesetzgeber vorgesehen.

Was sind die Alternativen zur Flächenexpansion?

Wir sollten die bestehenden Flächen effektiver und effizienter nutzen, Brachflächen revitalisieren, aufstocken an Gebäuden, Freiflächen ggf. überbauen. Es gibt eine Fülle an kreativen Ideen (einige werden im Buch genannt), es muss nur in die Köpfe der Entscheidungsträger, dass es nicht unendlich weitergehen kann mit der Vernichtung von fruchtbaren Ackerböden. Wir haben nur diese eine Welt, dass sollte inzwischen durch den Klimawandel und die ganzen damit verbundenen Veränderungen allen klar sein.

Ein wesentliches Problem ist eine falsche Gesetzgebung, eine kommunale Finanzierung, die kaum verstanden wird und damit falsche Hoffnungen bei den Entscheidungsträgern weckt, sowie die kommunale Selbstverwaltung, die zu Egoismus und Konkurrenz der Städte und Gemeinden untereinander führt. So lange wir nicht die Ursachen verstehen und verändern, sondern nur an den Symptomen arbeiten, wird es keine Gesamtlösung geben. Wir müssen aufhören, kurzfristig zu denken und wir müssen lernen, dass ökonomische Prinzipien nicht außer Kraft gesetzt werden können.

Lesermeinungen

„Das Buch ist eine gute Zusammenfassung des derzeitigen Stands der Forschung zum Thema Flächenmanagement und die wirtschaftliche Bedeutung dieser Aktion. Am Anfang wird das Thema nachhaltiges Flächenmanagement aus der Historie erläutert und was zu beachten ist, wenn eine Kommune nachhaltig Siedlungsmanagement konsequent betreiben möchte. Ferner werden dann die Entwicklungen der Forschung zum Thema Wirtschaftlichkeit erläutert. Am Beispiel des Bundeslandes Baden-Württemberg wird die kommunale Finanzierung skizziert und aus ökonomischer Sicht erklärt, warum neue Einwohner und zusätzliches Gewerbe weniger Wertbeitrag für eine Stadt oder Gemeinde zur Folge haben als man im Prinzip angenommen wird. Auch wird erläutert, warum Siedlungsexpansionen unwirtschaftlich sind. Am Schluss werden Lösungswege skizziert, die ein nachhaltiges Flächenmanagement ermöglichen. Es werden die Lücken und Widersprüche dargestellt und auch gute Beispiele einiger Gemeinden gezeigt. Alles in allem lesenswert für Bürgerinitiativen und Gemeinderäte, da ja quasi in jeder Stadt Baugebiete entwickelt werden und Meinungen aufeinander prallen.“

„Das Buch erläutert praktisch und verständlich die kommunale Finanzierung und den Bezug zum Thema Flächenexpansion. Es wird klar, warum die derzeitige Situation zu keiner Lösung führt. Die Einnahmen werden völlig überschätzt, Folgekosten nicht beachtet. Die Lösungsansätze bieten eine gute Basis für eine sachliche Diskussion vor Ort. Eine Pflichtlektüre für alle, die sich mit dem Thema Flächenmanagement und den wirtschaftlichen Gesichtspunkten vor Ort auseinandersetzen.“